Die Daten erzählen

Journalismusatelier

Datensätze sind Fundgruben für Geschichten. Sie sind teils Schätze, die man dringend heben muss, denn sie können helfen, Missstände zu identifizieren und Zusammenhänge zu verstehen.

Journalisten, die in der Lage sind, die relevanten Geschichten, die in Daten stecken können, zu finden und sie zu erzählen, erwerben sich damit eine weitere berufliche Kompetenz mit Zukunft.

Die Veröffentlichung der WarLogs, der Kriegstagebücher des Afghanistan-Krieges und des Irak-Kriegs durch WikiLeaks und die Aufbereitung dieser Daten durch „The New York Times“ und „The Guardian“ verhalfen dem Datenjournalismus zum Durchbruch; im Data Store des „Guardian“ beispielsweise werden mittels Software maschinenlesbare Informationen verknüpft, analysiert und interaktive visualisiert. Wo die Datenmassen nicht maschinenlesbar vorliegen, setzt man auf Crowdsourcing: Stilbildend wurde ein Projekt, bei dem 23.000 Leser halfen, 400.000 Spendenbelege britischer Abgeordneter zu durchforsten, um gemeinsam mehrere Politikaffären aufzudecken. Datenjournalismus funktioniert aber auch im Lokalen.

Dieses Journalismuskonzept stellt die bisherige Arbeitsweise von Journalisten auf den Kopf. Die längste Zeit dienten Daten dazu, Thesen und Positionen zu stützen. Das Konzept des Datenjournalismus zeigt, wie Datensätze dazu dienen können, auch Geschichten zu generieren. Datenjournalismus räumt zudem auf mit dem zumindest einem großen Teil von Journalisten anhaftenden „Zahlen-Eskapismus“. Wer in diesem Beruf Zukunft haben will, darf nicht länger mit Zahlen auf Kriegsfuß stehen, sondern benötigt Gespür für Statistiken, aber auch technisches Verständnis. Das ist kein Hexenwerk, sondern lernbar.

Dieses Journalismus-Atelier zeigt, wie. Was heißt Datenjournalismus, wie funktioniert er? Wie erkennt man das Potenzial, das in Daten steckt? Welchen nützlichen Tools gibt es, wie setzt man sie ein? Wie bereitet man Daten auf, wie erzählt man kompetent multimedial? An welche rechtlichen Grenzen stößt man, was muss ein Journalist dazu wissen? Wie trägt man den Spezifika Rechnung: Datenjournalismus regt zum Mitmachen an, er setzt auf Teamgeist und Transparenz. Er ist eine Form von Onlinejournalismus, wurzelt im CAR (computer-assisted reporting) sowie im Konzept des Präzisionsjournalismus und schöpft seine Aufmerksamkeit wesentlich aus der Open Data- Bewegung. Das gibt diesem Journalismuskonzept zugleich einen politischen Aspekt: Häufig hat Datenjournalismus einen sehr aufklärerischen Anstrich und stellt sich auf die Seite der Bürger.

Datenjournalisten erfinden das Rad nicht neu. Sie können lernen von Infografikern, Statistikern und Sozialwissenschaftlern, sie erzeugen aber eine eigenständige Leistung: Datenjournalismus bereitet Daten nicht nur auf, sondern verlangt klassische journalistische Fähigkeiten: man muss Themen aufspüren, die Relevanz entsprechend der Nachrichtenwerte erkennen, geeignete Darstellungsformen auswählen, erzählen können.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.