Debatte
Tobias Eberwein | Die Geschichte der Geschichte: Journalistisches Erzählen im Wandel der Zeit
Das Ziel, neues Publikum anzusprechen, beförderte in bestimmten Phasen der Geschichte den Informationsjournalismus und in anderen den Erzähljournalismus. Heute wird Letzterer, versetzt ins Digitale, in vielen Medienhäusern mit hohen Erwartungen an seine Wirkungskraft verbunden, die sich empirisch so nicht bestätigen lassen. Ob Informationsjournalismus oder Erzähljournalismus oder Mischformen – stets geht es um die Frage, inwiefern journalistische Kernfunktionen erfüllt werden: Öffentlichkeit herstellen, die Selbstbeobachtung der Gesellschaft unterstützen, die Komplexität der Welt, in der wir leben, verstehbar machen, Teilhabe ermöglichen. Dafür gibt es keinen Königsweg.
Das Darstellungsmuster der Informationsvermittlung der Nachrichtenmedien wurde im Verlauf der Journalismus-Geschichte zwar Mainstream, aber literarisch ambitionierte Erzähljournalisten haben ihre Herangehensweise stets als expliziten Gegenentwurf dazu positioniert. Sie wollen die Defizite der Nachrichtenform ausgleichen und komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge nachvollziehbar machen, und sie können zur Selbstreflexion des Systems Journalismus anregen: Welche Art von Wirklichkeit lässt sich abbilden, welche Emotionalität und welche Faktendichte benötigt journalistisch abgebildete Wirklichkeit, welche journalistischen Routinen treffen auf welche Publikumsroutinen? (mp/tse)
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